Nah an den Schicksalen dran

11.03.2016 CJD Sachsen-Anhalt « zur Übersicht

Landrat Götz Ulrich besucht die Christophorusschule in Weißenfels.

Mitteldeutsche Zeitung vom 11.03.2016

VON ANDREA HAMANN-RICHTER

WEISSENFELS/MZ

Es ist harte Arbeit. Das erfährt Götz Ulrich (CDU) am Mittwoch. Er ist an diesem Tag zu Besuch in der CJD Christophorusschule, eine Förderschule mit Ausgleichsklassen in Weißenfels. Der Landrat informiert sich über das Konzept, mit dem die Pädagogen unterrichten. Das hat einen Grund. Momentan wird das Bildungsmanagement im Burgenlandkreis umstrukturiert. Deswegen will sich der Landrat einen Überblick verschaffen, welche Angebote der Burgenlandkreis und die freien Träger vorweisen können. An diesem Tag steht die Christophorusschule im Fokus.

Schnell merkt Götz Ulrich, was die Lehrer dort täglich leisten. "Wir halten ihnen die Hand hin und bieten Verlässlichkeit", so Schulleiter Norbert Solf. Denn es sind schwierige Kinder. Sie sind emotional und sozial eingeschränkt. Das bedeutet, sie haben ihre normalen Verhaltensstrukturen verloren. Das liegt daran, dass es in ihrem jungen Leben ganz schlimme Erlebnisse gegeben hat. "Elternversagen, Trennungen, Gewalt, Misserfolg, Missbrauch", zählt der Schulleiter nur fünf Beispiele auf, die dazu geführt haben. Viele Jungen und Mädchen sind aggressiv, rasten aus oder sind einfach völlig in sich gekehrt. Der Besuch einer "normalen" Schule ist daher derzeit nicht möglich. Für Förderschulen für Kinder mit geistiger Behinderung sind sie aber wiederum auch zu normal. Ihre Chance ist die Christophorusschule. Dort werden sie aufgefangen, machen Schulleiter Norbert Solf und sein Team klar.

Maximal zehn Kinder gibt es in einer Klasse. Wenn es möglich ist, wird der Lehrer durch eine pädagogische Mitarbeiterin unterstützt. Es gibt ein Belohnungssystem. Darüber hinaus wird auf jedes Kind und auf dessen Tagesform eingegangen.

Jeder Lehrer weiß genau, wie es jedem der Kinder gerade geht. Das liegt daran, dass das Team sich täglich vor und nach dem Unterricht zusammensetzt. Es wird sich ausgetauscht, ob es Vorfälle gegeben hat, oder warum ein Tag besonders gut oder besonders problematisch verlaufen ist. "Wir müssen wissen, wie es in ihnen aussieht", sagt Solf mit Blick auf die Kinder. Denn am anderen Tag sei ein anderer Pädagoge in der Klasse. Er könne dann verstehen, warum vielleicht eines der Kinder besonders auffällig ist.

Wichtig sind ganz klare Strukturen. "Ja heißt ja und nein heißt nein", macht der Schulleiter klar. "Das kostet unheimlich viel Zeit und Energie. Daher ist momentan bei einer Schülerzahl von 70 Schluss", so der Solf weiter. Der Bedarf ist aber weitaus größer. So wird es wohl in Zukunft so sein, dass die Zahl der Kinder bis auf 80 ansteigen wird. Wenn er der Nachfrage nachkommen würde, könnten es ganz schnell hundert Schüler sein.

Entweder sie bleiben an der Christophorusschule und machen in der neunten Klasse ihren Hauptschulabschluss. Oder aber, sie gehen schon früher wieder auf ihre alten Schulen zurück. Je nachdem, wie ihre Entwicklung verläuft.

"Das ist etwas, was gebraucht wird", ist der Landrat sichtlich beeindruckt.