Zehn Zeitzer Ziegen

05.03.2015 CJD Sachsen-Anhalt « zur Übersicht

Roland Lindner besucht den Kunstkurs der Christophorusschule Droyßig und inspiriert die Schüler zu plastischen Arbeiten.

Mitteldeutsche Zeitung vom 05. März 2015
DROYSSIG

VON YVETTE MEINHARDT

Droyßig/MZ
Wirklich zuckersüß sind die Ideen, die der Kunstkurs der 12. Klassen der Christophorusschule entwickelten. Symbolisch gesehen natürlich, denn es geht um die zehn Zeitzer Ziegen, die den Zeitzer Zucker zum Zeitzer Bahnhof ziehen...

So jedenfalls lautete das Thema, mit dem sich die Abiturienten auseinandersetzten. Künstler Roland Lindner hat sie auf diese Spur gebracht, denn im vergangenen Jahr startete er ein generationenübergreifendes Projekt, um in Zeitz mit verschiedenen Kunstwerken die Stadt liebenswerter zu machen und im grauen Alltag kreative Akzente zu setzen. Heute findet man im Rahmen dieses Vorhabens bereits einen überdimensionalen Balanceakt in Döschwitz, ein Puppenspieler grüßt vom Café Brühl in Zeitz und vor der Raiffeisenbank lädt die Mäusebank zum Verweilen ein. Mit dem Projekt will Lindner junge Leute ins Boot holen. "Ich bin sehr auf ihre Arbeiten gespannt, denn eine andere Generation hat komplett andere Sichtweisen", sagt der Holzbildhauer aus Hollsteitz. Gestern stellten die Abiturienten ihre kleinen Kunstwerke vor.

Dorothea Maurer entschied sich für eine lustige Ziege, die auf einer Bank sitzt und ihren Tee schlürft. "Das ist für mich Ausdruck für Gemütlichkeit, dazu noch ein gutes Buch", erklärt sie ihr kleines Modell. Charlotte Blume hat ihre eigene Ziege kreiert und in einen Zeitzer Kinderwagen gesetzt. "Für mich ist Zeitz nicht nur mit Zucker, sondern eben auch mit der langen Tradition des Kinderwagenbaus verbunden", erklärt die Zwölftklässlerin.

Anna-Lena Habicht aus Eisenberg hat sich für eine "grinsende Ziege" entschieden. "Ich finde, die Ziegen wirken immer irgendwie trottelig, so wollte ich unbedingt auf Fröhlichkeit und Lebensfreude setzen", sagt die junge Frau aus Thüringen. Nils Schuhmann setzt sein modelliertes Tier auf einen Stapel mit Würfelzucker. "Ich würde die neue Skulptur gern in die Zeitzer Innenstadt stellen, und möglichst viele Leute sollen sie sehen, stehen bleiben und vielleicht von Herzen lachen", sagt der Abiturient aus Zeitz.

Im Schüler-Voting macht dann allerdings ein ganz anderes Modell das Rennen. Es ist die Chemie-Ziege von Bianca Mayer. In der einen Hand hält der Vierbeiner ein Klemmbrett unterm Arm. Hinzu kommen liebevolle Details wie die Brille eines gelehrten Professors. "Für mich ist die gesamte Zuckerverarbeitung ein großer chemischer Prozess, also habe ich mich für die Chemie-Ziege entschieden", sagt Bianca Mayer.

Lehrerin Kerstin Zimmer schaut zufrieden in die Runde. Mit zwei Noten hat sie alle Arbeiten bewertet, die eine Note gab es für die Entwürfe, die zweite für die Plastiken selbst. "Es ist ein sehr leistungsstarker und experimentierfreudiger Kurs", sagt die Lehrerin. Sie freut sich über die Zusammenarbeit mit dem Künstler, denn auch Stadtbesichtigung und Gespräche gehörten zum Projekt. "Das hat die Kreativität unseres Kunstkurses beflügelt. Wann hat man schließlich schon einmal einen Künstler im Klassenraum sitzen", sag Lehrerin Kerstin Zimmer.

Lindner selbst setzte das Sprichwort wortwörtlich um, formte zehn Zeitzer Ziegen und ließ sie einen kompletten Wagen mit Zeitzer Zucker ziehen. "Ich würde mich freuen, wenn wir  nicht nur die kleinen Modelle bauen könnten, sondern mit einem gemeinsamen Kunstwerk die Stadt Zeitz weiter bereichern könnten", sagt Lindner. Hinter den Kulissen führte er bereits so manches Gespräch mit Geldgebern, darunter auch der Zeitzer Zuckerfabrik. Lindner will auf jeden Fall am Ball bleiben.